Kaninchen

Gestern war noch alles in Ordnung, doch heute hat das Kaninchen Probleme beim Laufen oder hält den Kopf schief. Was ist die Ursache? Kann man etwas dagegen tun? Und ist es für andere ansteckend?

Als Enzephalitozoonose bezeichnet man eine Infektionskrankheit bei Kaninchen, aber auch anderen Säugetieren, Vögeln und Fischen. Der Erreger ist Encephalitozoon cuniculi (EC), ein sporenbildender Einzeller, der weltweit vorkommt. In Bayern waren 2009 39 % der untersuchten Kaninchen mit EC infiziert. Die betroffenen Kaninchen zeigen oft über Jahre keine Krankheitszeichen. Wird das Immunsystem aber geschwächt, kann die Krankheit ausbrechen. Die Kaninchen haben dann Krankheitszeichen, wie neurologische Störungen (Gleichgewichtsstörungen, Kopfschiefhaltung, Lähmungen), Nieren- und/oder Augenprobleme. Eine vollständige Heilung ist bisher leider nicht möglich. Rechtzeitig erkannt, können die Symptome aber in vielen Fällen erfolgreich behandelt und das Kaninchen vor Krankheitsausbrüchen geschützt werden.

Die Sporen gelangen mit dem Urin infizierter Kaninchen in die Umwelt, wo sie bis zu zwei Jahre überleben können. Andere Tiere nehmen die Sporen dann mit dem Futter oder bei der Fellpflege auf. Die Erreger gelangen vom Darm aus mit dem Blut in die Organe, vermehren sich dort in den Zellen und zerstören sie vor allem im Nervensystem, den Nieren und den Augen. Ein gesundes Immunsystem hält die Erregervermehrung in Grenzen. Bei Schwächung des Immunsystems durch andere Krankheiten, Kortisongabe und/oder Stress (z. B. Umgebungswechsel, neue Partnertiere etc.), können sich die Erreger stärker vermehren und Symptome treten auf.

1. Blutuntersuchung
Die Infektion wird mittels Antikörperbestimmung im Blut nachgewiesen. Die Blutentnahme ist bei Kaninchen unkompliziert, stressarm und erfordert keine Narkose. Ein positiver Antikörpernachweis ist beweisend dafür, dass die Erreger im Körper vorhanden sind und auch bleiben, unabhängig davon ob das Kaninchen zu diesem Zeitpunkt Symptome hat oder nicht. Sind Krankheitszeichen vorhanden, müssen diese aber nicht zwingend durch die EC-Infektion verursacht sein, sondern können auch viele andere Ursachen haben (Infektionen, Traumen, Tumore etc.). Ihr Tierarzt wird diese daher durch weitere Untersuchungen ausschließen.

2. Urinuntersuchung
Der Nachweis von EC-Sporen im Urin mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) ist möglich. Da die Sporen aber auch bei kranken Kaninchen nur unregelmäßig ausgeschieden werden, ist der Test nur im positiven Fall aussagekräftig.

Die optimale Therapie EC-kranker Kaninchen besteht aus der Kombination eines Antiparasitikums (Fenbendazol) mit einem Antibiotikum und Vitamin B. Das früher oft angewendete Cortison wird wegen der Nebenwirkungen heute nicht mehr gegeben. Je nach Krankheitszeichen sind zusätzlich unterstützende Maßnahmen sinnvoll, wie Infusionen, Augensalben und Physiotherapie. Nimmt das Kaninchen nicht genug Futter auf, muss rohfaserreicher, energiearmer Futterbrei vom Tierarzt mit einer Spritze eingegeben werden. Liegen keine weiteren Probleme vor, wird sich das Kaninchen in den meisten Fällen innerhalb von 1 - 2 Wochen weitgehend erholen; geheilt werden kann es aber nicht. Symptomlose, EC-Antikörper-positive Partnertiere werden ebenfalls mit Fenbendazol behandelt, damit die Krankheit nicht ausbrechen kann.

Besonders gefährdet sind Partnertiere (auch Meerschweinchen). Andere Tierarten erkranken nur sehr selten. Menschen erkranken nur dann, wenn ihr Immunsystem extrem geschwächt ist (HIV, Chemotherapie).

Besonders gefährdet für Neuinfektionen sind Partnertiere. Ein wirksamer Schutz vor Infektion ist bei ihnen nicht möglich. EC-AK-negative und EC-AK-positive Kaninchen sollten daher nicht gemeinsam gehalten werden. EC-infizierte Tiere können relativ gut vor Krankheitsschüben geschützt werden, wenn man sie möglichst stressarm hält (wenig Orts- und Partnerwechsel) und gesund ernährt. In unvermeidbaren Stressphasen und bei Auftreten zusätzlicher Krankheiten kann vorsorglich Fenbendazol gegeben werden (eine Dauergabe ist nicht sinnvoll). Eine Kontrolle beim Tierarzt (v. a. Nierenwerte) sollte mindestens halbjährlich erfolgen, bei Auffälligkeiten auch früher.

Die EC-Infektion ist kein Grund, ein Kaninchen abzuschaffen. Die allgemeine Hygiene und das Händewaschen nach Kontakt mit dem Kaninchen und seinem Urin schützen vor der Infektion. Hochgradig immunsupprimierte Menschen sollten den Kontakt zu EC-positiven Tieren aber meiden. Eine Haltung von EC-positiven Tieren in Kindergärten oder Altenpflegeheimen ist ebenfalls nicht sinnvoll. Bei Einhaltung dieser Maßnahmen kann Ihr EC-infiziertes Kaninchen lange und ohne Krankheitszeichen bei Ihnen leben. Es gilt: Wissen schützt! Lassen Sie Ihre Kaninchen bei Ihrem Tierarzt auf Enzephalitozoonose testen.

Fragen Sie Ihre Tierärztin/Ihren Tierarzt.