Endokrinologische Diagnostik nach Krankheitsbilern und Symptomen

Eigens von uns entwickelte und vorgeschlagene Profile zur endokrinologischen Diagnostik bauen auf einer detaillierten und validen Anamnese der Patientin auf. Die relevanten Fragen sind jeweils bei den einzelnen Profilen benannt und werden bei Anforderung des Profils zur Diagnostik abgefragt. Bei der Zyklusanamnese bauen die Profile darauf auf, wie der Zyklus verläuft:

  • stabil 
  • regelmäßig
  • unauffällig

Diese Zyklusanamnese garantiert eine regelmäßige Ovulation und schließt eine Lutealphaseninsuffizienz aus.

Die Terminologie

Die Terminologie ist wie folgt zu verstehen:

  • Stabil ist ein Zyklus, wenn die Blutungsdauer nicht länger als 7 Tage beträgt und weder Zwischenblutungen auftreten noch ein prämenstruelles Spotting.
  • Regelmäßig ist ein Zyklus, wenn er weniger als 3 Tage nach oben bzw. unten um einen Mittelwert hinweg schwankt.
  • Unauffällig ist ein Zyklus, wenn er sich mit seiner Minimal- bzw. Maximallänge im unauffälligen Bereich bewegt, also nicht kürzer als 24 Tage (Polymenorrhoe) und nicht länger als 35 Tage (Oligomenorrhoe) ist.

Eine Abklärung des Tubenfaktors ist bei einem erhöhten Risiko für entsprechende Pathologien sinnvoll.
 

Diese Risikofaktoren sind

  • ein auffälliger Chlamydientiter,
  • vorangehende Bauchoperationen oder
  • eine individuell angegebene Dysmenorrhoe.

Unsere Empfehlungen

Nachfolgend finden Sie unsere Empfehlungen für eine gezielte Diagnostik je nach Fragestellung und Anamnese.

Ein endokrinologisches Profil ist nicht notwendig, wenn ein stabiler, regelmäßiger und unauffälliger Zyklus besteht und die Dauer des unerfüllten Kinderwunsches mit regelmäßigem ungeschützten Geschlechtsverkehr den Zeitraum von fünf Jahren überschreitet. In diesem Fall ist weder eine Abklärung der Tuben noch des männlichen Faktors für die Therapieplanung in der allgemeingynäkologischen Praxis hilfreich.

Die Überweisung in ein Kinderwunschzentrum zur IVF bzw. bei auffälligem männlichen Faktor zur ICSI ist indiziert. Ob die eine oder andere Technik zur Anwendung kommt, obliegt der andrologischen Diagnostik im Kinderwunschzentrum. Lediglich die Abklärung des TSH und eine optimale Einstellung der Schilddrüse bei einem TSH > 2,5 mIE/l wären hilfreich und von Vorteil für das ungeborene Kind. Die Fertilität wird durch die Einstellung des TSH nicht beeinflusst.

Besteht ein stabiler, regelmäßiger und unauffälliger Zyklus bei einer Kinderwunschdauer unter 5 Jahren, vor allem unter 2 Jahren, sind Störfaktoren wie eine Hyperandrogenämie oder Hyperprolaktinämie extrem unwahrscheinlich. Dann sollte sich die Abklärung auf folgendes beschränken:

  • die ovarielle Reserve (FSH und Östradiol am Tag 3–5) und
  • die Schilddrüsenfunktion (TSH).

Ggf. nach Einstellung der Schilddrüsenfunktion wären bei unauffälligem Östradiol und FSH die Ergebnisse der andrologischen Diagnostik und ggf. einer Tubenabklärung abzuwarten. Ergeben sich dabei Auffälligkeiten, sollte die Therapieplanung danach ausgerichtet werden. Ansonsten ist abhängig von dem Alter der Frau und der Dauer des Kinderwunsches individuell zu entscheiden. Bei auffälliger ovarieller Reserve im Einzelfall wäre die Bestimmung von AMH ggf. sinnvoll, um die auffällige Konstellation von Östradiol und FSH zu prüfen, die Diagnose „Ovarialinsuffizienz“ zu stellen oder zu verwerfen. Dies ist allerdings abhängig v. a. von dem Alter der Patientin und der Höhe des FSH. Bei unauffälliger ovarieller Reserve ist die weitere Therapieplanung abhängig von dem Alter der Frau, der Dauer des Kinderwunsches und ggf. andrologischen bzw. tubaren Faktoren.

Ist der Zyklus nicht stabil, regelmäßig und unauffällig, sollte das Profil „Zyklusstörungen“ gewählt werden, um die Kausalität der Zyklusstörung zu klären und ggf. kausal zu therapieren. Abhängig vom diagnostischen Ergebnis ist dann ggf. eine Clomifenstimulation indiziert.

Dieses Profil findet Anwendung bei jedweder Art von Zyklusstörung nach sonographischer Abklärung organischer Ursachen:

  • Oligomenorrhoe (Zykluslänge > 35 Tage)
  • Amenorrhoe (keine Blutung seit 3 Monaten)
  • Polymenorrhoe (Zykluslänge < 24 Tage)
  • Menorrhagie (Blutungsdauer > 7 Tage, ≥ 10 Tage)
  • Metrorrhagie (Blutungsdauer ≤ 10 Tage)
  • prämenstruelles Spotting (Blutungen in der 2. Zyklusphase, ggf. übergehend in die normale Menstruationsblutung)

Bei jeder Zyklusstörung bedarf es einer Diagnostik in der frühen Follikelphase (Tag 3–5) mit Beurteilung von:

  • Östradiol, FSH, LH
  • Testosteron, Androstendion, DHEAS
  • Prolaktin

Die Bestimmung von LH ist nur notwendig beim Vorliegen einer Amenorrhoe, nur dann erlaubt sie eine relevante differentialdiagnostische Aussage.

Damit lassen sich die verschiedenen Ursachen der Zyklusstörung mit einem einzigen diagnostischen Profil effektiv, umfassend und kurzfristig klären: hyper- und hypogonadotrope Situationen, eine Hyperandrogenämie ovarieller oder adrenaler Genese oder Hyperprolaktinämie.


Dieses Profil findet auch Anwendung beim Verdacht auf ein PCO-Syndrom.

Jedwede Therapie bei einer Alopezie ist Privatleistung der Patientin. Die Diagnostik allerdings ist eine Leistung der gesetzlichen Krankenkasse wie auch der privaten Krankenversicherung, da damit relevante Erkrankungen geklärt und ausgeschlossen werden. Sinnvoll ist die Abklärung der Hyperandrogenämie, von Schilddrüsenfunktionsstörungen und einem Eisenmangel. Letzteren wiederum klärt man durch die Bestimmung von Ferritin als Marker des Speichereisens. Das Profil enthält also:
• Testosteron, Androstendion, DHEAS
• Dihydrotestosteron, SHBG
• TSH
• Ferritin

Das Androgenprofil enthält Dihydrotestosteron – das potenteste Androgen im menschlichen Körper – und SHBG zur Beurteilung des freien Anteils der Androgene, also einer relativen Hyperandrogenämie. Über diese beiden Parameter kann man unterschiedlicher Meinung sein und könnte sie auch weglassen – ggf. werden dann in Einzelfällen Situationen übersehen, in denen ursächlich eine verstärkte Konversion von schwächeren Androgenen (Testosteron, Androstendion, DHEAS) in das starke Dihydrotestosteron oder eben ein niedriger SHBG-Spiegel für den Haarausfall verantwortlich sind.

Ferritin sollte hochnormal sein, d. h. > 40 ng/ml, optimal > 70 ng/ml. Ist der Wert niedriger, so kann eine Eisensubstitution bei Haarausfall helfen.

Die Bestimmung weiterer Vitamine oder Spurenelemente ist nicht zielführend. Bei postmenopausalen Patientinnen ist die oben ausgeführte Diagnostik häufig nicht zielführend.

Bei diesen Patientinnen bietet es sich an, die wahrscheinlichste Ursache der Alopezie versuchsweise zu therapieren, nämlich das durch den postmenopausalen Östrogenmangel lokal unausgeglichene Hormonmilieu. Ein alphatradiolhaltiges Haarwasser ist sinnvoll, um die Androgenwirkung zu reduzieren (Ell-Cranell-Alpha, Pantostin).

Für sich genommen sind Androgenisierungserscheinungen diagnostisch nicht abklärungswürdig, da sich daraus in der Regel keine therapeutische Konsequenz ableiten lassen wird. Die Ausnahme sind Androgenisierungserscheinungen, die mit Zyklusstörungen einhergehen. Dann allerdings sollte das o. g. Profil für Zyklusstörungen genutzt und nicht nur die Androgene bestimmt werden.

Klassische Ursache der Galaktorrhoe ist die Hyperprolaktinämie. Eine nur geringe Hyperprolaktinämie kann zu einer Mastodynie führen, ohne dass gleich eine Galaktorrhoe auftreten muss. Andererseits kann eine Mastodynie auch auf eine erhöhte Empfindlichkeit des Brustgewebes gegenüber Prolaktin zurückzuführen sein.

TRH, TSH-Releasing-Hormon aus dem Hypothalamus, ist der stärkste prolaktinsezernierende Faktor im menschlichen Körper. TRH wird bei einer Hypothyreose vermehrt ausgeschüttet. Daher stammt die Empfehlung, insbesondere bei einer Hyperprolaktinämie stets auch das TSH zu prüfen. Allerdings muss man dazu wissen, dass in den wenigsten Fällen einer manifesten Hypothyreose eine Hyperprolaktinämie entsteht. Insofern ist die Situation zwar zu bedenken, aber eher nicht als relevantes Problem zu erwarten.

Bei einer Mastodynie oder Galaktorrhoe sollte folgendes bestimmt werden:

  • Prolaktin und
  • TSH

Hohe Prolaktinspiegel (60 ng/ml bzw. > 1.200 mIE/l) sollten Anlass für eine Abklärung der Hypophyse auf Prolaktinome sein. Ansonsten sind Prolaktinhemmer wie niedrig dosiertes Bromocriptin oder bei niedrigen bzw. normalen Prolaktinspiegeln und einer klinischen Symptomatik auch Agnus-castus-Präparate die Therapie der Wahl.

Ihr Ansprechpartner

Prof. Dr. med. Michael Ludwig

Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin

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