Dem Missbrauch von legalen und illegalen Substanzen auf der Spur

Nach der WHO Definition für Drogen gehört dazu jede Substanz (legal oder illegal), die in einem lebenden OrganismusbFunktionen zu verändern mag. Bei den legalen Suchtstoffe, die missbraucht werden, handelt es sich überwiegend um Tabak, Alkohol und Medikamente. Zu den illegalen Suchtstoffen zählen vor allem Cannabis, Opioide, neue psychoaktive Substanzen (NPS), Metamphetamin und Kokain. In Deutschland sind mehr als 200 verbotene od. eingeschränkte Substanzen im Betäubungsmittelgesetz aufgelistet. Ca. 24% der Bevölkerung rauchen Zigaretten, wobei der Konsum an weniger schädlichen E-Zigaretten stetig steigt. Unter den jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren geben 33% an regelmäßig zu trinken. Riskanter Alkoholkonsum (Frauen >10 g/Tag, Männer >20 g/Tag) liegt bei ca. 18% der Bevölkerung vor. Bei dem Konsum illegaler Drogen führt Cannabis mit einer Prävalenz von 28% vor den NPS (2,6%) sowie Heroin und Opioiden (1,7%) (Drogen- und Suchtbericht 2019). In Deutschland sind geschätzt ca. 1,5 Millionen Menschen medikamentenabhängig. Zwei Drittel davon sind Frauen. Ältere Menschen sind häufiger betroffen als jüngere. Von den oft verschriebenen Präparaten besitzen etwa vier bis fünf Prozent ein Missbrauchs- oder Suchtpotential, wobei dies vor allem für Beruhigungs- und Schlaf- sowie Schmerzmittel gilt.

Bei den stationären Entwöhnungsbehandlungen führt mit 61% die Alkoholabhängigkeit, gefolgt vom Konsum illegaler Drogen mit 16% und 1,4% Medikamentenabusus (Drogen- und Suchtbericht 2019). Die psychosozialen Folgen der Drogen-, Alkohol- und Medikamentensucht sind soziale Probleme am Arbeitsplatz, im Freundeskreis, in der Familie und in der Beziehung. Das Leben dreht sich mehr und mehr um die Droge und alles andere wird vernachlässigt. Auch der Verlust der Arbeit bzw. das Verlassen der Schule wird durch den anhaltenden Konsum von Suchtmitteln sehr wahrscheinlich, da die körperlichen und geistigen Fähigkeiten durch den chronischen Missbrauch von Suchtmitteln stark vermindert werden. Chronischer Alkoholismus führt im Berufsleben zu häufigen Krankheitstagen. Viele Drogenabhängige werden auch irgendwann zu Straftätern, da sie keinen anderen Weg finden, um an das nötige Geld für die Drogen zu kommen. Etwa jede vierte Gewalttat und 17 Prozent der tödlichen Verkehrsunfälle erfolgen unter Alkoholeinfluss (Dtsch Arztebl 2001; 98(42): A-2732 / B-2330 / C-2186).

Drogen- und Alkoholabhängigkeit sind behandlungsbedürftige chronische Krankheiten. Oberstes Ziel der Behandlung ist die Suchtmittelfreiheit. Neben der klassischen Entwöhnungstherapie mit vorausgehender Entzugsbehandlung steht als Therapiemaßnahme bei Opiatabhängigkeit die substitutionsgestützte Behandlung zur Verfügung. Vor Beginn einer Substitution muss eine Opiatabhängigkeit nachgewiesen sein und ein die Substitution gefährdender Beikonsum ausgeschlossen und dokumentiert werden. Benzodiazepine stellen neben Alkohol und Cannabis wichtige Beigebrauchssubstanzen dar und sollten regelmäßig kontrolliert werden. Es sollte aber auch auf den Beikonsum von Substanzen geachtet werden, die derzeit noch nicht mit Routineuntersuchungen nachgewiesen werden können, wie z.B. Methylphenidat, Tilidin, Tramadol, Fentanyl, Pregabalin. Es werden immer mehr auch Neue Psychoaktive Substanzen konsumiert. Oft sind die Patienten selbst nicht darüber informiert, was sie konsumiert haben. Unangekündigte Kontrollen liefern wichtige Hinweise auf die Compliance während der Substitution.

Der Nachweis von missbrauchten Substanzen kann im klinisch toxikologischen oder forensisch toxikologischen Kontext erfolgen. Die Toxikologie untersucht grundsätzlich die gesundheitsschädlichen Auswirkungen von einzelnen chemischen Substanzen auf den menschlichen Organismus.

Die forensische Toxikologie ist eine Disziplin mit rechtsmedizinischer Grundlage und erstellt primär Dienstleistungen zur gerichtlichen und behördlichen Verwertbarkeit. Der Qualitätsanspruch für die forensische Analytik und Probenahme folgt streng vorgegebenen Regeln. Die auf den exakten quantitativen Substanznachweis ausgerichtet sind, der z.B. im Straßenverkehrsgesetz und im Strafrecht gefordert wird. Ihr Anspruch ist es, eine maximale Verwertbarkeit der Befunde zu gewährleisten. Fehler im Prozess und damit negative Konsequenzen für den Probanden sollen minimiert werden. Darüber hinaus hat sie bei post mortem Untersuchungen eine wichtige Funktion z.B. bei Vergiftungsverdacht.

Die klinische Toxikologie ist dagegen mehr auf die medizinische Behandlung von Vergiftungen und Substanzmissbrauch ausgerichtet und verfolgt eine schnelle Analytik, die primär der kurzfristigen Diagnosefindung und Therapieentscheidungen dient. Häufig ist die Fragestellung in der Suchtmedizin zunächst klinisch toxikologischer Natur und bedarf erst in einem späteren Schritt gegebenenfalls einer forensischen Absicherung. SYNLAB bietet für beide Fragestellungen die entsprechende Analytik und Expertise.

Die Indikationen für die Analyse von missbrauchten Substanzen

Für die Analytik missbrauchter Substanzen ergeben sich vor dem geschilderten Hintergrund grundsätzlich verschiedene Indikationen:

  • Diagnostik in der allgemeinmedizinischen Praxis oder bei Krankenhausaufnahme bei psychisch auffälligen oder desorientierten Patienten
  • Nachweis von psychoaktiven Substanzen im arbeitsmedizinischen Umfeld
  • Klinisch toxikologische Therapieüberwachung bei Entgiftung und Drogenersatz in der Suchtmedizin
  • Forensischer Substanznachweis inklusive der Blutalkoholkonzentration bei Gesetzesverstößen

 

Im Rahmen der Substitutionstherapie muss erkannt werden, ob die Aufnahme von Drogen/Medikamenten tatsächlich eingestellt ist, heimlich fortgesetzt wird, durch die Einnahme anderer Drogen/Medikamente unterlaufen wird sowie, ob das Substitutionsmittel entsprechend des Therapieplans eingenommen wird. Eine Alkoholbestimmung ist angezeigt:

  • Bei der Behandlung von Menschen mit Alkoholsucht
  • Zum Abstinenznachweis bei der Fahrereignungsbegutachtung im Rahmen einer Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU)
  • Für forensische Fragestellungen, wobei die Proben z.B. aus den Bereichen Maßregel- und Strafvollzug, gerichtliche Anordnungen oder dem Straßenverkehr kommen
  • In der Arbeitsmedizin bei sicherheitsrelevanten Bereichen für die Testung der Arbeitnehmer hinsichtlich eines Alkoholmissbrauchs.

Bei forensischen Fragestellungen werden grundsätzlich höhere Anforderungen an die Qualität der Analysen gestellt. Zudem ist die Rückverfolgbarkeit des gesamten Prozesses inklusive der Probennahme im Vier-Augen-Prinzip gefordert. Das Labor muss nach DIN 17025 für forensische Analytik akkreditiert sein, wie das bei dem forensisch-toxikologischen Labor von SYNLAB Deutschland, der Fall ist.

Das richtige Material für die jeweiligen Fragestellung

Der Substanznachweis kann grundsätzlich in verschiedenen Körpermaterialien vorgenommen werden. Das geeignete Material ergibt sich aus der jeweiligen Situation. Urin und Serum oder Plasma sind die am häufigsten verwendeten Materialien, um die Compliance bei Entzugs- oder Substitutionstherapien zu überprüfen. In den letzten Jahren steigt auch das Interesse an Speichel als Alternative bei dieser Fragestellung. Haar und
Schweiß werden seltener verwendet und kommen vor allem in der forensischen Toxikologie zur Abstinenzkontrolle bzw. bei Kontrollen im Straßenverkehr zum Einsatz. Die unterschiedlichen Materialien sind nicht gegeneinander austauschbar. Die Verwendung unterschiedlicher Materialien stellt sowohl unterschiedliche präanalytische als auch analytische Voraussetzungen an die Untersuchung und die Ergebnisse liefern unterschiedliche Informationen, die bei der Interpretation berücksichtigt werden müssen. Die Wahl des richtigen Materials für die Untersuchung hängt an erster Stelle von der Fragestellung ab, muss aber auch Faktoren, wie z.B. die Möglichkeit zur Einhaltung bestimmter präanalytischen Bedingungen oder die Verfügbarkeit geeigneter analytischen Methoden berücksichtigen. Der direkte Nachweis von Ethanol in Blut, Serum, Speichel, Atem oder Urin kann einen akuten Alkoholkonsum belegen, der Nachweis des Carbohydrat-defizienten Transferrins (CDT) den chronischen Alkoholkonsum.

 

Vor- und Nachteile der verschiedenen Materialien für den Nachweis eines Drogen- bzw. Medikamtenkonsums

MaterialVorteilNachteil
Urin
  • Probengewinnung nichtinvasiv
  • Langes Nachweisfenster (Metabolite)
  • Hohe Konzentration
  • Manipulation möglich
  • Urinabgabe unter Sicht
  • Keine Korrelation zur Wirkung
Speichel
  • Abgabe einfach zu beaufsichtigen
  • Weniger Probenmanipulation
  • Oft längeres Nachweisfenster als Blut
  • Weniger kompromittierend als Urinabgabe unter Sicht
  • Weniger Metabolite
  • Nachweisdauer kürzer als im Urin
  • Sehr niedrige Konzentrationen
  • Nicht alle Substanzen werden gleich gut in den Speichel sezerniert
Blut
  • Direkter Wirkstoffnachweis
  • Bestimmung der Konzentration
  • Aussage zur Wirkung möglich
  • Keine Probenmanipulation
  • Invasiv
  • Weniger Metaboliten
  • Nachweis weniger empfindlich und kürzer als im Urin
Schweiß
  • Probensammlung einfach (Wipetest)
  • Langes Nachweisfenster
  • Probenmanipulation
  • Wenig standardisiert
  • Wenige Methoden
Haare
  • Langes Nachweisfenster
  • Einfach zu gewinnen
  • Forensisch toxikologisch sehr wertvoll
  • Verzögerter Nachweis
  • Nicht aktuell
  • Einmaliger oder sehr seltener Konsum nicht nachweisbar
  • Analytik aufwändig

 

Die Wahl des richtigen Materials für die Untersuchung hängt an erster Stelle von der konkreten Fragestellung ab, muss aber auch Faktoren, wie z.B. die Möglichkeit zur Einhaltung bestimmter präanalytischen Bedingungen oder die Verfügbarkeit geeigneter analytischen Methoden berücksichtigen.

Urin

Urin ist besonders geeignet für das Screening auf Drogen- und Medikamentenkonsum, weil die Gewinnung relativ einfach sowie nicht invasiv ist und die Sensitivität und Spezifität für den Nachweis von Beigebrauch und der Adhärenz zum Substitut hoch ist. Das ist hauptsächlich durch die Aufkonzentrierung des ausgeschiedenen Urins durch die Niere und das breite Spektrum an Metaboliten, die in hoher Konzentration und deutlich länger als die ursprünglichen Wirkstoffe ausgeschieden und erfasst werden, bedingt. Der erste Morgenurin ist besonders geeignet, da dieser besonders konzentriert ist. So bietet der Urin ein längeres Nachweisbarkeitszeitfenster für den Drogen- und Medikamentenmissbrauch als Serum/Plasma oder Speichel. Das Nachweisfenster im Urin beträgt in der Regel ca. 1-4 Tage nach Konsum, abhängig von der jeweiligen Substanz, der konsumierten Menge und der Häufigkeit des Konsums. Auch ist der Urin meistens in ausreichender Menge vorhanden, um, soweit indiziert, eine komplexere Stufendiagnostik durchführen zu können.

Neben den Vorteilen hat die Drogentestung im Urin aber auch Nachteile. Die im Urin gemessenen Konzentrationen stehen in keinem direkten Zusammenhang mit Serum- oder Plasmakonzentrationen und erlauben keine Rückschlüsse wann und in welcher Dosis Substanzen zugeführt wurden.

Auch gibt es keine Korrelation zwischen der Suchtmittelkonzentration im Urin und der psychoaktiven Wirkung. Selbst die Normalisierung der Ergebnisse auf Bezugsparameter, wie Urinkreatinin oder Urindichte, hilft an dieser Stelle kaum. Designerdrogen, für die noch keine Metabolite bekannt sind, können dem Nachweis entgehen, wenn die Muttersubstanzen nicht unverändert über den Urin ausgeschieden werden. Für den Nachweis eines Nikotinabusus
eignet sich Urin wiederum besonders, da der Nikotinmetabolit Cotinin über mehrere Tage im Urin ausgeschieden wird. Gelegentlich dauert die Urinabgabe relativ lang oder gelingt aus folgenden Gründen nicht: eingeschränkte Nierenfunktion, Proband war kurz vor der geplanten Abgabe auf der Toilette oder hat im Rahmen der Sichtkontrolle eine Blockade.

Urinproben werden außerdem oft verfälscht, um die mangelnde Compliance zur Entzugs- oder Substitutionstherapie zu verschleiern. Häufig wird versucht durch eine vermehrte Flüssigkeitsaufnahme die Diurese zu steigern, um einen Verdünnungseffekt herbeizuführen. Dies wird allerdings vom Labor in der Regel durch eine Kreatinin- oder Dichtemessung erkannt. Das Urinkreatinin liegt normalerweise >20 mg/dl. Auch auf Substanzen, die der Probe zugegeben werden, um vor allem den immunologischen Drogennachweis zu stören, wird im Labor vor der Analytik geprüft. Ein pH der Urinprobe von <3 oder >11 ist ein Indiz auf möglichen Manipulationsversuch. Darüber hinaus können zahlreiche die Missbrauchssubstanzen zerstörende Reagenzien in den Urin eingebracht werden. Ebenso kann ein Proband seinen eigenen aus Abstinenzzeiten gewonnenen Urin liefern. Täuschungsversuche lassen sich durch Urinabgabe unter Aufsicht (lege artis) minimieren. Biomarker können Hinweise auf Manipulationen oder Probenaustausch liefern. Diese Hinweise können dann individuell abgeklärt werden. Für forensische Fragestellungen kann die Sichtkontrolle allerdings nicht entfallen.

Blut (auch kapillar), Serum und Plasma

Die Drogentestung im Blut, Serum oder Plasma hat in bestimmten Situationen Vorteile gegenüber der Testung im Urin. Das kann dann der Fall sein, wenn kein Urin zu gewinnen ist, wie z.B. bei Dialysepatienten. Auch bei unzuverlässigen Patienten, die bereits durch Täuschungsversuche bei Urinkontrollen aufgefallen sind, kann die Blutentnahme eine Alternative sein. Für forensische Fragestellungen eignet sich Serum oder Plasma besonders, da über den Kreislauf psychoaktive Substanzen zu den Geweben transportiert werden und so auch über die Blut-Hirnschranke gelangen. Dadurch ist die Konzentrations-Wirkungsbeziehung viel besser gegeben als im Urin. Eine quantitative Analytik mit der Bestimmung der genauen Konzentrationen der konsumierten Wirkstoffe und ggfs. deren Metaboliten ist daher gerade im Blut, Serum und Plasma besonders sinnvoll.

Quantitative Analysen in Serum oder Plasma erlauben es auch eine Plausibilität der eingenommenen Dosis des Substitutionsmittels anhand pharmakokinetischer Daten zu überprüfen. Dies setzt allerdings die genaue Kenntnis der verschriebenen Dosis, des Einnahmezeitpunktes und eine zeitlich geplante Blutentnahme voraus. Im Blut lassen sich bei entsprechendem klinischem Verdacht auch viele NPS kurz nach der Einnahme nachweisen. Der Hauptnachteil der Drogenanalytik im Blut, Serum oder Plasma ist das limitierte Nachweisfenster, das oft nur Stunden beträgt, da im Gegensatz zu Urin, oft Methoden verwendet werden, die nur die Muttersubstanz erfassen. Der Einsatz von Methoden, die spezifisch auch Metabolite
erfassen, ermöglicht eine gewisse Verlängerung des Zeitfensters, erreicht aber nicht das des Urins. Falsch negative Ergebnisse sind daher meist auf den unpassenden Zeitpunkt der Blutentnahme zurückzuführen. Das ist insbesondere beim Gelegenheitskonsum relevant. Andersgesagt gibt die Analytik im Blut Auskunft, welche Drogen oder Medikamente der Patient im Moment in seinem Körper hat, während der Urin eher die Information bringt, was er in der kürzeren Vergangenheit zugeführt hatte. Um eine aufwändige venöse Blutentnahme zu vermeiden, bietet SYNLAB die Analytik auch aus Kapillarblut an.

Speichel

Die Drogentestung im Speichel findet wegen der relativ unkomplizierten, nicht invasiven und leicht zu kontrollierenden Probengewinnung und somit, der eingeschränkten Möglichkeiten zur Manipulation und des längeren Nachweisfensters als im Blut immer mehr Anklang. Es entfällt vor allem die kompromittierende Gewinnung von Urin unter Sicht und die Probengewinnung ist fast immer möglich. Im Speichel sind, wie im Blut, die Drogen früher als im Urin nachweisbar. Die Sekretion der Drogen bzw. Medikamente in den Speichel erfolgt über die Speicheldrüsen, die stark durchblutet sind, weshalb es auch bei einigen Substanzen einen linearen Zusammenhang mit der Konzentration im Blut gibt.

Manipulationen sind aber auch nicht völlig auszuschließen, da im Mund interferierende Substanzen der Probe beigemischt werden können und die Probensammlung wenig standardisiert ist. Auch neigen gerade opiatabhängige Patienten zu einem verminderten Speichelfluss, was durch gepufferte saure Spüllösungen, die den Speichelfluss anregen kompensiert wird. Allerdings ist bis jetzt nicht systematisch untersucht welche Drogen und in welchem Ausmaß an unterschiedlichen Materialen der Sammelsysteme absorbiert werden. Adsorption an Sammelsystemen kann aber grundsätzlich auch bei anderen Asservaten auftreten.

Der Übertritt von Drogen in den Speichel hängt auch vom pH des Speichels und der Proteinbindung der Drogen im Blut ab. Nur der freie ungebundene Anteil der Droge kann in den Speichel übertreten, was den Einsatz von hoch empfindlichen Nachweismethoden voraussetzt. Basische Substanzen wie z.B. Amphetamine oder Kokain sind dabei im Speichel besser nachweisbar als neutrale oder saure wie z.B. THC-Carbonsäure (Hauptmetabolit von Cannabisprodukten) und Benzodiazepine. Auf dem aktuellen Stand der Technik liegen die Nachweisgrenzen im Speichel sehr niedrig und erlauben ein Nachweisfenster für viele Substanzen vergleichbar einem Nachweisfenster im Urin mit einem Cut off von ca. 25 μg/l. Ein weiterer Vorteil der Speichelanalytik besteht im direkten Nachweis der Muttersubstanzen und ermöglicht so oft eine einfachere Beurteilung des Befundes. So gelingt der Beweis eines Heroinkonsums anhand des Nachweises von 6-Monaoacetlymorphin in der Regel eher aus Speichel als aus Urin. Bei Verwendung von Speichel zur Adhärenzkontrolle sollte die letzte orale Gabe mindestens 2 Stunden vor der Probengewinnung erfolgt sein. Speicheltest werden weltweit zum “work place drug testing eingesetzt” (Testing guidlines Drug Test Anal. 2017).

Schweiß

Schweiß kann prinzipiell auch als Probenmatrix verwendet werden. Das Nachweisfenster ist länger als im Blut und Urin (bis einige Wochen). Der Übertritt von Drogen in den Schweiß ist aber bis jetzt wenig verstanden und die Probensammlung ist noch weniger standardisiert als die Gewinnung von Speichel,
weshalb die Schweißsammlung bisher für forensisch oder klinisch toxikologische Fragestellungen nur beschränkt Anwendung findet. Schweißtests kommen aber wegen der einfachen Gewinnung des Materials z.B. bei Verkehrskontrollen oder in Gefängnissen bereits zur Anwendung. Dabei ist das Drogenscreening mit den Testsystemen nicht auf den Schweiß begrenzt. Auch andere Oberflächen können mit einem Teststreifen untersucht werden. Probenmanipulationen können grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden.

Haare

Haare als Matrix finden besonders in der forensischen Toxikologe Anwendung, da ein langes Nachweisfenster über Wochen und Monate bzw. bei ausreichender Haarlänge auch Jahre besteht, was besonders für den Abstinenznachweis von Vorteil ist. Allerdings ist die Dosis-Zeit-Beziehung nicht für alle Substanzen ganz eindeutig. Für eine akute Diagnostik ist die Haaranalyse grundsätzlich ungeeignet. Es gibt verschiedene Theorien wie die Drogen und deren Metabolite, Medikamente oder Alkoholabbauprodukte den Weg in das Haar finden. Es werden Diffusionsvorgänge von den arteriellen Kapillaren an der Haarwurzel in die Haarfollikel vermutet oder aus dem Schweiß bzw. Sebum der Kopfhaut. Für falsch positive Ergebnisse kann die externe Kontamination eine Rolle spielen, weshalb die Haare vor der Analyse gewaschen werden sollten. Auch die Haarfarbe kann einen Einfluss auf die Kapazität des Drogeneinbaus haben, wobei die Konzentration in dunklen Harren höher als in hellen Haaren ist. Interindividuell unterschiedliche Wachstumsgeschwindigkeiten, Tönungen und häufiges Waschen der Haare können ebenfalls einen Einfluss auf den Drogennachweis haben. Neben der Untersuchung im Urin bietet unser forensisch-toxikologisches Labor auch die forensische Bestimmung von synthetischen Cannabinoiden im Haar an.

Die Wahl der richtigen Teststrategie

Nachweisstrategie des Drogenkonsums

Die seit Jahren etablierte Strategie zum Drogennachweis setzt auf zwei Schritte. Ein Screening mit sensitiven Methoden und die Bestätigung der positiven Ergebnisse mit unabhängigen höherwertigen Analyseverfahren. Für den ersten Schritt finden hauptsächlich Immunoassays Anwendung, die schnell, sensitiv, breit verfügbar und relativ kostengünstig sind. Ein großer Nachteil der Immunoassays ist aber deren mangelnde Spezifität, was dazu führt, dass falsch positive Ergebnisse erzeugt werden. Zur Bestätigung wird heute überwiegend die Massenspektrometrie eingesetzt, entweder in der Form der Gaschromatographie (GC-MS) oder Flüssigchromatographie (LC-MS). Die hohe Spezifität der Massenspektrometrie prädestiniert diese Technik zur Bestätigung positiver Ergebnisse, die mit Immunoassays erhalten wurden. Diese 2-Stufen-Untersuchungsstrategie ist insbesondere geeignet und auch erforderlich für die Zwecke der forensischen und arbeitsmedizinischen Fragestellungen. Bei beiden geht man grundsätzlich von einem „negativen“ Ergebnis aus und ein falsch positiver“ Befund kann schwere Konsequenzen, wie z.B. Verhaftung, Kontakt-, oder Arbeitsverlust bedeuten. Deshalb gelten positive Screeningergebnisse in solchen Situationen als vorläufig und bedürfen einer Verifikation durch eine qualitativ hochwertigere analytische Methode.

Im klinischen Bereich dagegen, wenn Substanzkonsum bzw. Substitutionsmittel oft bekannt sind, kann diese klassische Strategie sich als suboptimal erweisen. In der klinischen Toxikologie, kann, je nach konkreter Fragestellung, das gezielte Screening auf eine Substanz- bzw. Substanzgruppe oder aber auch ein viel breiteres Screening über mehrere Substanzen (auch solche, für die keine immunologische Methoden vorhanden sind) am sinnvollsten
sein. Hierzu kommen immer öfter, ergänzend zu den immunologischen Verfahren, chromatographische Methoden (meistens mit massenspektrometrischer Detektion) zum Einsatz, die mit großen Bibliotheken arbeiten und das hoch spezifische Screening auf mehrere tausende Drogen-, Medikamente sowie deren Metabolite, ermöglichen. Nachgewiesen werden dann direkt und simultan mehrere Einzelsubstanzen. Durch die hochwertige analytische Technik (selbes analytisches Prinzip, wie bei der klassischen konfirmativen Analytik) können solche Methoden, im klinisch-toxikologischen Bereich nicht nur zum erweiterten Screening, sondern auch zur Bestätigung positiver Ergebnisse aus dem immunologischen Screening
dienen. Im Unterschied zu forensisch-toxikologischen Bestätigungsmethoden, die eine quantitative Aussage geben, handelt es sich hier um eine qualitative Bestätigung.

Mittlerweile wird in vielen klinischen Laboratorien sogar alternativ zum Vorscreening mit Immunoassays gleich die Möglichkeit eines breiten massenspektrometrisches Screenings angeboten. Der direkte Einsatz der Massenspektrometrie ist in der Substitutionstherapie besonders sinnvoll, da in einem Lauf ohne Mehrkosten ein Beigebrauch und die Adhärenz zum Substitut nachgewiesen werden können. Bei der bisher üblichen Zweistufenstrategie besteht die Gefahr, dass nur das positive Ergebnis des Immunoassays gezielt bestätigt und nicht nach anderen Substanzen gefahndet wird. Das eingeschränkte Analytenspektrum der immunologischen Methoden schränkt zudem im ersten Schritt die Chance ein, illegale Substanzen und Metabolite wie z.B. NPS zu detektieren. Durch das breite massenspektrometrische Screening können viele „falsch negative“ Ergebnisse vermieden werden. Ein breites MS-basiertes Screening ist an allen unseren Standorten möglich, im MVZ Weiden ist dieses Screening zusätzlich nach DIN EN ISO/ IEC 17025: 2018 für forensische Zwecke akkreditiert. Die Qualität des massenspektrometrischen Initialscreenings hängt allerdings von der Güte der eingesetzten Geräte, der analytischen Protokolle und den Einträgen in den verwendeten Spektrenbibliotheken ab. Für ein Screening von Substanzgruppen wie z.B. von Benzodiazepinen oder Opiaten können immunologische Gruppenteste nach wie vor Vorteile gegenüber dem Nachweis von Einzelsubstanzen haben, weil man über ein qualitatives Summensignal positive Ergebnisse erhält, die bei der chromatographischer Auftrennung verloren gehen, da die Konzentration der Einzelsubstanzen möglicherweise unter die entsprechenden Nachweisgrenzen der Methoden rutschen. Sowohl für Situationen mit forensischem Hintergrund als auch für solche mit klinischem Hintergrund kann sich dann häufig noch, vor allem im Blut, ein dritter Schritt anschließen, nämlich die Quantifizierung der Substanzen. Das trifft z.B. auf Fälle zu, in denen eine Abschätzung des direkten Einflusses der nachgewiesenen Substanz auf Organfunktionen im Körper sowie den mentalen und psychischen Zustand zum aktuellen Zeitpunkt wichtig ist, die Adhärenz zur Therapie genauer überprüft werden soll oder potenzielle Drogen- und Medikamenten-Wechselwirkungen aufgeklärt werden müssen.

 

Stufendiagnostik der Analyse zum Drogen- und/oder Medikamentenkonsum

  1. Immunologische Suchtests (z.B. Filtern nach Gruppen von Substanzen)
  2. Nachweis des Konsums einzelner Substanzen (qualitative oder quantitative Bestätigung der Immunoassaytestergebnisse und ggf. erweiterte Suche) mittels Chromatographie
  3. Bestimmung der Konzentration der einzelnen Substanzen und ggf. Metabolite mittels Chromatographie

 

Bei SYNLAB kombinieren wir in der klinischen Toxikologie ein immunologisches Screening mit einem massenspektrometrischen Screening auf mehr als 4.500 Substanzen wodurch die Rate falsch positiver, aber auch falsch negativer Ergebnisse minimiert wird. Es ist wichtig zu verstehen, dass es keine Standard-Screeningmethode gibt, die alle Fragestellungen und Probleme zuverlässig lösen kann. Ob es gelingt oder nicht mittels einer bestimmter Screeningmethode den Konsum von Drogen und Medikamenten in einer Probe nachzuweisen, hängt von vielen Faktoren ab, wie unten später diskutiert wird. Eine intensive Kommunikation zwischen dem beauftragenden Arzt und dem toxikologischen Labor unterstützt eindeutig den Weg zum korrekten Ergebnis. Darüber hinaus existiert neben der “herkömmlichen” Massenspektrometrie die sog. “hochauflösende” Massenspektrometrie (z.B. Q-TOF-LC/MS). Aufgrund ihrer hohen Spezifität und Sensitivität können auch sehr gering dosierte Substanzen, wie z.B. NPS, in ihrer gesamten Bandbreite nachgewiesen werden, die man mit “herkömmlicher” Massenspektrometrie übersehen würde. Durch die zusätzlichen Strukturinformationen können entsprechende hochauflösende Datenbanken zügig an die aktuelle Entwicklung auf dem Drogenmarkt angepasst werden. Im MVZ Weiden existieren derartige Methoden zusätzlich forensisch akkreditiert.

Nachweisstrategie des Alkoholkonsums

Für die Nachweisstrategie des Alkoholkonsums stehen viele Alkoholmarker zur Verfügung deren Verwendung sich primär wieder nach der konkreten Fragestellung richtet:

  • Der direkte Nachweis von Ethanol kann einen akuten Alkoholkonsum belegen. Aus einer gemessenen Alkoholkonzentration lässt sich recht sicher auf einen Alkoholkonsum von z. B. vor zwei Stunden schließen. Im Urin ist der Nachweis bis zu 24 Stunden möglich
  • Ethylglucuronid (ETG) ist ein Alkoholstoffwechselprodukt, das ab einer geringen Dosis von ca. 10 g Ethanol einige Tage lang im Urin, Kapillar- oder venösen Blut nachweisbar ist. Im Rahmen eines Abstinenzbelegs bei Führerscheinwiederbewerbern lassen sich mittels Bestimmung von ETG im Kopfhaar Informationen über den Alkoholkonsum der vergangenen Monate gewinnen. ETG im Mekonium kann Auskunft über einen Alkoholkonsum der Mutter in der Schwangerschaft geben. Die Aussagekraft kann durch die parallele Erfassung von Ethylsulfat (ETS) gesteigert werden
  • Ein neuer Marker ist Phosphatidylethanol (PEth), das ab einer geringen Dosis von ca. 10 g Ethanol länger als ETG im Vollblut (auch Kapillarblut) nachweisbar ist
  • Blutmethanolkonzentrationen von mehr als 10 mg/l deuten auf einen chronischen Alkoholmissbrauch hin
  • CDT und Gamma-Glutamyl-Transferase (γ-GT) sind biochemische Marker im Serum u.a. zum Nachweis des Alkoholmissbrauchs. Unter Alkoholwirkung produzieren die Leberzellen das Transferrin, das Defekte in der Glykosylierung aufweist. Nach sorgfältiger anamnestischer Abklärung im Vorfeld hat sich CDT bisher als sehr zuverlässiger Marker des chronischen Alkoholabusus bewährt.

Die Einsatzmöglichkeiten der verschiedenen Alkoholmarker sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.

Methoden zum Nachweis des Alkoholkonsums

AnalytikAussagekraft
Blutalkohol (BAK)Akuter Alkoholkonsum, Abbau 0,1-0,2 ‰/h.
Ethylglukuronid
(ETG)
Alkoholmetabolit mit längerer Nachweisbarkeit und Stabilität (Präanalytik) als Alkohol. Im Serum/Plasma, Urin und Haaren nachweisbar. Ein Konsum von 10 g Alkohol ist bis zu 48h im Serum/Plasma und 72h im Urin nachweisbar.
Ethylsulfat (ETS)Alkoholmetabolit mit längerer Nachweisbarkeit und Stabilität (Präanalytik) als Alkohol. Im Serum/Plasma, Urin und Haaren nachweisbar. Bestätigung positiver ETG-Befunde.
Fettsäureethylestern
(FSEE)
Langzeitmarker im Haar.
Phosphatidylethanol
(PEth)
Nachweis von Alkoholkonsum im EDTA-Blut über einen Zeitraum von bis zu 2-3 Wochen. PEth wird in den Zellmembranen von Erythrozyten gebildet. Die Konzentration von PEth korreliert sehr gut mit der Menge des getrunkenen Alkohols.
Carbohydratdefizientes
Transferrin (CDT)
Mehrwöchiger starker Alkoholkonsum. Ein täglicher Konsum von > 60/30 g Alkohol bei Männern/Frauen über 1-2 Wochen führt zu einer Erhöhung der Serumkonzentration des CDT. Bei Alkoholabstinenz normalisieren sich die Werte mit einer mittleren Halbwertszeit von 14 Tagen (zeitliche Aussagekraft: 4-6 Wochen).
γ-GTLangjähriger chronischer Alkoholkonsum.
MCVLangjähriger chronischer Alkoholkonsum.
MethanolKontinuierlicher Alkoholkonsum ohne Nüchternphase.

 

Bei forensisch-toxikologischen Fragestellungen ist die klassische 2 Stufen-Untersuchungsstrategie die Strategie der Wahl. Positive Ergebnisse der Screeningmethode müssen immer durch ein beweisendes/identifizierendes Verfahren bestätigt werden. Im klinisch-toxikologischen Bereich kann die richtige Teststrategie je nach Fragestellung eine- oder mehrere Stufen beinhalten, die flexibel ausgestaltet werden können.

Die richtige analytische Methode: Grenzen und Stärken im Überblick

Immunologische Verfahren beruhen auf einer Antigen-Antikörperreaktion nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip. Bei strukturell stark unterschiedlichen Molekülen gelingt ein spezifischer Nachweis während bei strukturell ähnlichen Substanzen der Antikörper verwandte Strukturen oft nicht sicher auseinanderhalten kann.

Gerade beim Nachweis von Drogen und Medikamenten handelt es sich oft um chemisch verwandte Substanzen und deren Metabolite, wodurch es zu Kreuzreaktionen und damit zu falsch positiven Ergebnissen kommen kann. Umgekehrt erkennt ein Antikörper aber oft auch nicht alle Substanzen einer Gruppe und es kommt zu falsch negativen Ergebnissen, wie z.B. bei Immunoassays für Opiate, die nicht mit synthetischen Opioiden wie Tilidin, Tramadol oder Fentanyl kreuzreagieren.

Obwohl instrumentelle Immunoassays eine nummerische Auswertung für die Signalstärke ausweisen, ist deren Nutzung zur Ableitung der tatsächlichen Konzentration einer Substanz in der Regel nicht zuverlässig, da der Antikörper nicht selektiv die Substanz, auf welche die Methode kalibriert ist, sondern auch andere Substanzen sowie Metabolite erfasst. Dies ist besonders bei den immunologischen Gruppentests der Fall, da bei denen eine breite Kreuzreaktivität zum Testprinzip gehört.

Im Unterschied zu maschinellen Verfahren, geben immunologische Schnelltests in der Regel nur eine Ja- oder Nein-Antwort, die vom eingestellten Cut-Off abhängig ist. Bei einem hohen Cut-Off, der z.B. für arbeitsmedizinische Fragestellungen gerne verwendet wird, kann ein „falsch negatives“ Ergebnis die Folge sein, wenn die eigentliche Fragestellung suchtmedizinischer Natur ist und deshalb den empfindlicheren Nachweis eines Beikonsums erfordert.

Es ist wichtig zu berücksichtigen, dass die immunologischen Screeningteste nicht standardisiert sind und solche, die auf unterschiedlichen Messprinzipien und der Verwendung unterschiedlicher Antikörper beruhen, abweichende Ergebnisse liefern können. Das ist selbst so, wenn gleiche Cut-Offs benutzt werden. Die Vor- und Nachteile immunologischer Schnelltest und instrumenteller Assays sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.

 

Vor- und Nachteile von immunologischen Drogenschnelltests und instrumentellen Assays

 VorteilNachteil
Schnelltest
  • Qualitätskontrolle manchmal integriert
  • Leicht zu handhaben, überall verfügbar
  • Kurze Zeit bis zum Ergebnis
  • Von Laien durchführbar
  • Fest eingestellter Cut-Off oft nicht sehr sensitiv
  • Ablesung gelegentlich nicht eindeutig (schwacher Streifen, undefinierter Farbumschlag)
  • Nicht semiquantitativ
  • Keine integrierte Hydrolyse von Metaboliten (z.B. Benzodiazepinglukuronide)
  • Risiko von Fehlinterpretationen in den Händen von Laien
Instrumentelle
Assys
  • Cutt-Off kann ausgewählt werden
  • Meist sensitiver als Schnelltests
  • Gelegentlich semiquantitative Interpretation der Ergebnisse möglich
  • Teurer als Schnelltests
  • Laborgerät und geschultes Personal zur Durchführung notwendig
  • Längere Analysezeiten als Schnelltests

 

Eine spezifischere Diagnostik gelingt mit der chromatographischen Auftrennung von Substanzen und deren separaten Nachweis in einem Detektor. Heute hat sich als Detektor das Massenspektrometer durchgesetzt, das seinerseits über das Verhältnis von Masse zu Ladung der Substanzen eine zusätzliche Trennung und Selektion zulässt. Die Chromatographie erfolgt in der Gasphase (GC-MS) oder in der Flüssigphase (LC-MS). Zum erfolgreichen Nachweis der Substanzen und Metabolite müssen deren Massenspektren in Bibliotheken hinterlegt sein, was z.B. bei den NPS nicht immer der Fall ist. Die Bibliotheken verschiedener Gerätehersteller unterscheiden sich in ihrem Umfang und vor allem darin, ob die Spektren von Metaboliten enthalten sind, die überwiegend im Urin gefunden werden. Wenn die Suche auf den Konsum einer neuen illegalen Substanz gefordert ist, können, wie bereits erwähnt, sogenannte hochauflösende massenspektrometrische Verfahren (z.B. Q-TOF-LC/MS) zum Einsatz kommen, die eine Strukturaufklärung erlauben.

Chromatographische Verfahren insbesondere, wenn gekoppelt mit Massenspektrometrie, erlauben es:

  • Drogen oder Medikamente und deren Metabolite separat nachzuweisen und soweit erforderlich zu quantifizieren
  • Gleichzeitigen Konsum mehrerer Drogen, auch aus derselben Gruppe zu enthüllen
  • Beikonsum von anderen Medikamenten/Drogen zu erkennen
  • Einzelne Substanzen durch die Aufnahme eines entsprechenden unverwechselbaren „Fingerabdrucks“ für jede Substanz und Vergleich mit einem Referenzstandard bzw. Referenzmassenspektrum zuverlässig zu identifizieren
  • Auf Probenmanipulationen z.B. durch Beimischung von Substanzen mit potenziell störender Wirkung auf die immunologischen Methoden hinzuweisen.

Für den Nachweis der Alkoholabstinenz werden unter anderem Urin oder Haar auf ETG untersucht. Auch hier gibt es immunologische Verfahren für die Anwendung in Urinproben. Für die Analytik in Haaren ist allerdings ebenfalls die Massenspektrometrie gefordert, die auch für den Urin die zuverlässigeren Ergebnisse liefert. Daher kommt bei SYNLAB bei Haaren nur die Massenspektrometrie zum Einsatz. CDT kann immunologisch, chromatographisch oder mittels Kapillarelektrophorese bestimmt werden. Lebererkrankungen, Schwangerschaft oder genetische Varianten und Mutationen des Transferrins können bei einigen immunologischen Verfahren zu falsch erhöhten Werten führen, was aber nicht der Fall ist, wenn, wie in unseren Laboratorien, die spezifische Kapillarelektrophorese eingesetzt wird.

Heutzutage stehen für die Analyse von Substanzmissbrauch zahlreiche analytische Techniken zur Verfügung, die es ermöglichen, je nach Fragestellung und erforderlicher Turn-Around-Time (TAT) die richtige Auswahl zu treffen. Es ist ausdrücklich empfohlen, die gezielte Suche auf bestimmte Substanzen/Substanzgruppen dem Labor mit dem Auftrag mitzuteilen. Wir beraten Sie bei der richtigen Auswahl der Analytik gerne.

Die richtige Interpretation der Ergebnisse

Es gibt eine Reihe unterschiedlicher Faktoren, die das Ergebnis eines Drogen- Medikamenten- oder Alkoholtests beeinflussen. Dies sind z.B. die pharmakologischen Eigenschaften der nachzuweisenden Substanz (Resorption, Verteilungsvolumen, Metabolismus und Eliminationswege), deren chemischen Eigenschaften, die verabreichte Dosis und der Zeitpunkt des letzten Konsums, die Frequenz der Einnahme, die Leber- und Nierenfunktion, die Art der Anwendung (Applikationsweg), der Beikonsum (pharmakokinetische Wechselwirkungen) sowie das Probenmaterial, aus dem die Analytik erfolgt. Außerdem spielt, wie bereits diskutiert, das verwendete Testverfahren und dessen Nachweisgrenze eine Rolle. 

Eine sehr wichtige Voraussetzung für die korrekte Interpretation ist die Kenntnis des zeitlichen Fensters für die Nachweisbarkeit der Substanzen und deren Metabolite in den verschiedenen Körpermaterialien. Die Nachweisbarkeit von Drogen hängt in allen Materialien von der konsumierten Menge, der Häufigkeit des Konsums und der Zeit zwischen Einnahme und Probengewinnung ab.

Am längsten lässt sich der Nachweis in Haaren führen, gefolgt von Urin. Am kürzesten lassen sich Substanzen im Speichel und Blut nachweisen. Wenn die Droge inhaliert wird oder bei Dauerkonsum, kann die Nachweisbarkeit im Speichel länger als im Blut sein. Das zeitliche Fenster der Nachweisbarkeit der Substanzen und deren Metabolite muss dem Arzt, der die Analytik beauftragt, bewusst sein, um ggfs. Kontrolluntersuchungen auslösen. Die ungefähre Dauer der Nachweisbarkeit klassischer Suchtstoffe, die in üblichen Mengen konsumiert und mit üblichen Methoden gemessen wurden, wie z.B. Immunoassays, ist in der folgenden Tabelle zusammengefasst. Die Zeitfenster können nur als grobe Richtwerte interpretiert werden.
 

Typische Nachweisbarkeitsdauer ausgewählter Suchtmittel in Blut, Speichel und Urin
 

WirkstoffNachweisbarkeitsdauer
 Blut*SpeichelUrin
EthanolAbbau 0,1-0,2
Promille/h
6 - 10 Stunden10 - 12 Stunden
Ethylglukuronid
(ETG)
12 Stunden12 Stunden**12 - 48 Stunden
(akut)
3 - 5 Tage
(chronisch)
Amphetamine6 - 24 Stunden24 - 36 Stunden1 - 3 Tage
Ecstasy
(MDMA, MDE,
MDA)
Bis 24 Stunden24 - 36 Stunden3 Tage
Kokain6 Stunden24 - 36 Stunden3 Tage
Heroin12 Stunden24 - 36 Stunden3 - 4 Tage
OpiateBis 8 Stunden24 - 36 Stunden3 - 7 Tage
THC
(je nach Konsumverhalten)
12 Stunden bis
Wochen
< 24 Stunden3 - 7 Tage
bis Wochen

* meist nur Muttersubstanznachweis
** < 1% der Blutkonzentration


Wie bereits diskutiert, führen immunologische Screeningtests naturgemäß zu falsch positiven Ergebnissen, weshalb diese der Bestätigung mit einer höherwertigen Methode bedürfen. Beispiele kongruenter und divergenter Ergebnisse von immunologischem Screening und chromatographischer Bestätigung im Urin und deren Interpretation sind in Tabelle 5 dargestellt. Oft besteht das Interesse immunologische Methoden als Verlaufskontrolle bei der Therapie anzuwenden. Dabei wird die Leistung dieser Methoden stark überschätzt. Bei imimmunologischen Gruppentesten wie z.B. für Opiate oder
Benzodiazepine führen naturgemäß nicht alle Substanzen zur selben Stärke des Signals mit dem im Test verwendeten Antikörper.

 

Interpretation immunologischer Urinscreeningtests und deren Bestätigung
 

ImmunoassayBestätigungInterpretation
PositivPositiv
  • Droge war im Urin am oder oberhalb des Cut-Offs
  • Person hat konsumiert
  • Wann der Konsum stattgefunden hat, ist nicht sicher zu sagen
PositivNegativ
  • Droge war nicht vorhanden, Kreuzreaktion im Immunoassay
  • Droge vor längerer Zeit zugeführt, ein oder mehrere späterere Metabolite wurden im Immunoassay erfasst, die aber in der Bestätigung übersehen wurden
  • Cut-Off an der Nachweisgrenze (instrumenteller Immunoassay), Nachweisgrenze im Immunoassay niedriger als in der Bestätigungsanalyse
  • Immunoassay (Schnelltest) falsch abgelesen
NegativPositiv
  • Immunoassay mit hohem Cut-Off. Droge reagiert zwar mit dem Immunoassay, aber unter dem Cut-Off, daher Ergebnis als negativ beurteilt.
  • Immunoassay erfasst Suchtmittel nicht, z.B. Benzodiazepinmetabolite (Glukuronide)
  • Suchtmittel reagiert zwar im Assay, aber mit schlechter Kreuzreaktivität zum Antikörper, Ergebnis bleibt daher unter dem Cut-Off
  • Immunoassay war durch Proben manipulation gestört
  • Immunoassay (Schnelltest) hat nicht funktioniert (z.B. abgelaufen, Charge defekt)
  • Immunoassay (Schnelltest) falsch abgelesen
  • Immunoassay (Schnelltest) zu früh abgelesen
NegativNegativ
  • Suchtmittel nicht zugeführt
  • Suchtmittel vor längerer Zeit zugeführt, jetzt nicht mehr nachweisbar
  • Neue Designerdroge, die weder vom Immunoassays erkannt wurde noch in den Spektrenbibliotheken der Massenspektrometer enthalten war
  • Droge wurde zugeführt, aber massive Probenmanipulation, wie z.B. Materialtausch oder Abgabe eines Urins, der in einem drogenfreien Intervall gesammelt und eingefroren aufbewahrt wurde

 

Außerdem ist das Ausmaß der Reaktion konzentrationsabhängig, aber nicht linear, weshalb sich aus der Intensität des Signals keine quantitative Aussage ableiten lässt. Auch der häufig verwendete Ansatz im Urin aus dem Quotienten des Signals zum Urinkreatinin Rückschlüsse auf Abstinenz oder erneuten Konsum abzuleiten, führt aus den o.g. Gründen oft in die Irre. Dies ist besonders beim Konsum von Benzodiazepinen der Fall, da der Abbau zu unterschiedlich gut nachweisbaren Metaboliten im immunologischen Gruppentest führt. Ein Anstieg des Signals kann daher eine Einnahme vortäuschen, weil möglicherweise das ursprünglich eingenommen Medikament zu einem besser reagierenden Metaboliten abgebaut wurde.

Urinproben können häufig manipuliert werden, um den Beikonsum in der Substitutionsmedizin zu verschleiern. Die üblicherweise zugegeben Störsubstanzen lassen sich im Labor aber unproblematisch nachweisen und auch die Verdünnung der Proben ist über eine Kreatininmessung im Urin leicht zu prüfen. Ein Problem ist aber immer wieder der Probentausch mit Fremdurin, wenn die Urinabgabe nicht konsequent unter Sicht erfolgt. Da dies oft in der Praxis nicht durchführbar ist, wurden Verfahren entwickelt, um diese Manipulation aufzudecken. SYNLAB verwendet hierzu das für ein Individuum unter bestimmten Bedingungen sehr typische Profil von Steroiden, das bei der Doping-Analytik für diagnostische Zwecke angewendet wird. Nach Individualisierung des Basisprofils von Urinproben, die unter Sicht gewonnen wurden, kann es Hinweise auf einen möglichen Austausch der Proben liefern, welche dann individuell überprüft werden können. Somit kann der behandelnde Arzt anhand seiner konkreten Einschätzung über einen Verzicht auf die Sichtkontrolle entscheiden.

Die Interpretation der Befunde beim Drogen- und Medikamentenkonsum ist komplex und erfordert die Berücksichtigung mehrerer Faktoren. Bei unplausibel erscheinenden Ergebnissen ist es empfohlen das Labor zu kontaktieren, um eine mögliche Erklärung und Beratung zu bekommen.