Zellulärer Immunstatus: Lymphozytentypisierung ergänzt Diagnostik zahlreicher Krankheitsbilder

Die Analyse von löslichen Proteinkomponenten des Immunsystems (z.B. Zytokine, Akute-Phase-Proteine und Immunglobuline) sowie das Differentialblutbild liefern im Rahmen der Routinediagnostik erste Hinweise auf Entzündungsprozesse.
Da sich lösliche Proteinkomponenten und Immunocyten gegenseitig beeinflussen, sollten diese für die  Diagnosestellung auch gemeinsam betrachtet werden.
Bei der Bestimmung des zellulären Immunstatus werden
die Lymphozyten in ihre Subpopulationen differenziert und
zahlenmäßig sowie in relativen Anteilen erfasst. Dadurch ermöglicht der zelluläre Immunstatus Aussagen zum Zustand des Immunsystems und trägt wesentlich zur Aufklärung unklarer Lymphozytosen bei. So können beispielsweise infektionsbedingte adaptive Immunreaktionen von schwerwiegenden Erkrankungen unterschieden werden.

Wann ist die Erhebung des zellulären Immunstatus indiziert?

Klinische Symptome, die auf Störungen des Immunsystems hindeuten, sollten ein Anlass zur Lymphozytentypisierung sein:

  • Primäre und sekundäre Immundefekte

  • Chronisch entzündliche Erkrankungen

  • Rezidivierende Infekte

  • Wundheilungsstörungen

  • Virusinfektionen (z.B. EBV, CMV) einschließlich Monitoring bei HIV-Infektion

  • Abklärung unklarer Lymphozytosen und Lymphozytopenien

  • Autoimmunerkrankungen

  • Monitoring einer immunsuppressiven Behandlung

  • Tumorerkrankungen, vor und nach einer zytostatischen Behandlung oder Strahlentherapie

  • Planung und Optimierung einer individuellen Immuntherapie

  • Therapiekontrolle im Rahmen einer Immuntherapie

  • Überwachung des Immunstatus nach Transplantationen

Der Immunstatus-Test

Etwa 60 bis 75 % aller Lymphozyten sind T-Zellen, 5 bis 15 % B-Zellen und 10 bis 20 % natürliche Killerzellen (NK-Zellen). T-Zellen werden weiter in CD-4, CD-8 sowie nicht-MHC-restringierte zytotoxische T-Zellen (Large Granular Lymphocytes; LGL-Zellen) unterschieden. Die Lymphozyten- Subpopulationen unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich ihrer Funktion und dem Zeitpunkt ihrer Aktivierung in der Kaskade der Immunreaktion, sondern auch bezüglich der Expression von spezifischen Oberflächenmarkern. Die Differenzierung der Lymphozyten-Subpopulationen erfolgt daher mittels Durchflusszytometrie unter Verwendung entsprechender monoklonaler Antikörper. Für die Untersuchung wird frisches EDTA-Blut benötigt.

 

Abrechnung

 Ziffer
EBM32520, 32521, 32522, 32523, 32524, 32525, 32122, 32527

Die Berechnung der Gebührenordnungsposition 32527 setzt die Begründung der medizinischen Notwendigkeit der jeweiligen Untersuchung im Einzelfall voraus.

Interpretation

Insbesondere prozentuale Veränderungen der T-Lymphozyten-Subpopulationen, wie die CD4/CD8-Ratio, LGL-Zellen und NK-Zellen, liefern einen wichtigen Beitrag zur Diagnosestellung:

Lymphozytenpopulation
(Oberflächenmarker)
AnstiegAbfall
T-Zellen
(CD3+)
  • Aktivierung des adaptiven Immunsystems bei Infektionen
  • aktive Phase einer Autoimmunerkrankung
  • T-Zelllymphome (sehr selten)
  • zelluläre Immundefizienz
  • immunsuppressive, zytostatische Behandlung, Bestrahlung
  • Nebenwirkung best. Medikamente
  • HIV-Infektion
  • Tumorerkrankungen
Aktivierte T-Zellen
(CD3+, HLA-DR+)
  • akute und chronische Stimulierung des T-Zell- Systems (z.B. virale und mikrobielle Tumor- und Autoantigene)
  • nach Abklingen einer adaptiven Immunreaktion z.B. nach überstandener Virusinfektion
CD4-T-Zellen
(CD3+, CD4+)
  • Frühphasen von Infektionen
  • Autoimmunerkrankungen (z.B. rheumatoide Arthritis, Morbus Crohn, Sarkoidose, MS)
  • HIV-Infektion
  • zytostatische Behandlung, Bestrahlung
  • immunsuppressive Behandlung
  • idiopathische CD4-Lymphozytopenie, ICL
CD8-T-Zellen
(CD3+, CD8+)
  • Virusinfektion
  • Infektion mit intrazellulären Bakterien
  • Frühphase einer HIV-Infektion
  • Autoimmunerkrankungen (z.B. rheumatoide Arthritis, MS)
  • Tumorerkrankungen
  • zytostatische Behandlung, Bestrahlung
  • immunsuppressive Behandlung
  • Spätphase einer HIV-Infektion
CD4-/CD8-Ratio
  • Frühphase einer adaptiven Immunreaktion z.B. bei Infektion
  • Autoimmunerkrankungen
  • akute und chronische Virusinfektionen
  • persistierende Infektionen mit intrazellulären Bakterien
  • HIV-Infektion
LGL-Zellen
(CD3+, CD16+, CD56+)
  • Virusinfektionen und intrazelluläre Bakterieninfektionen
  • Tumorerkrankungen
  • Anfälligkeit gegenüber Virusinfektionen
  • angeborene Immundefizienzen
B-Zellen
(CD19+)
  • akute EBV-Infektion
  • Morbus Basedow
  • monoklonale B-Lymphozytose (MBL)
  • polyklonale B-Lymphozytose
  • Non-Hodgkin-Lymphom
  • zytostatische Behandlung, Strahlentherapie
  • Behandlung mit Rituximab
  • zelluläre Immundefizienzen
NK-Zellen
(CD3-, CD16+, CD56+)
  • Virusinfektionen
  • Tumorerkrankungen
  • Leukämien
  • primäre und sekundäre Immundefizienzen
  • nach zytostatischer Behandlung, Bestrahlung und // oder Immunsuppression
  • Vitamin A-Mangel
  • Nebenwirkung best. Medikamente

 

Ihr Ansprechpartner

Laura Prian

Stv. Ärztliche Leitung
Fachärztin für Laboratoriumsmedizin